HEIMSPIEL
Weltausstellung in Leipzig ! Unverhofft bekommt Deutschland den Zuschlag die FCI-Weltausstellung ausrichten zu dürfen. Den Zuschlag hatte vier Jahre zuvor Ecuador erhalten, doch das Land hat große wirtschaftliche Probleme und zählt dazu auch noch zu den ärmsten Ländern Südamerikas. Wenn dann noch ein schweres Erdbeben das Land heimsucht kann man verstehen, daß den Verantwortlichen die Lust (und die Mittel) auf eine Weltausstellung vergangen sind. Die Bevölkerung hätte so was auch schlecht tolerieren können. Die FCI sollte meiner Meinung nach eine solche „Luxus“-Show in Zukunft auch nur in wirtschaftlich stabile Länder vergeben, wo die erforderliche Infrastruktur auch vorhanden ist. Die letzte World Dog Show hatten wir 2003 in Deutschland, entsprechend groß war die Freude auch bei uns zuhause.
Knapp zwei Monate vor Beginn der Weltausstellung, die mit der German Winner Show eine Woche in Anspruch nehmen würde, kam unser E-Wurf zur Welt. Geplant war, daß die Welpen kurz vor der Abfahrt den neuen Eigentümern übergeben werden. Das hat leider zu diesem Termin nicht geklappt, es sind nun mal Lebewesen und keine Konsum- oder Dekoartikel, die man zu einem verbindlichen Termin einfach zur Post bringt. Auch hatte so mancher Welpenkäufer in der Abgabewoche einfach auch keine Zeit zur Anreise. Also musste Andrea schweren Herzens zuhause bleiben. Am 05.11. machte ich mich mit Corleone, Da Vinci und Galatea, dem Besten, was unser Zwinger zu bieten hat, auf den Weg nach Leipzig; einer von den dreien könnte es packen, das ist unser Traum.
Nach sieben Stunden Fahrt erreichen wir die Messe Leipzig, an der Haupteinfahrt treffe ich mich mit weiteren Ausstellern, denn es war mit der Messeleitung vereinbart, daß man uns schon Sonntag auf unseren Stellplatz lässt. War aber leider nicht so, der zuständige Pförtner wußte von nichts und hatte Order, uns erst am nächsten Tag rein zu lassen; deutsche Gründlichkeit halt (wäre mir auf der Weltausstellung in Milano 2015 nie passiert) ! Also machen wir Camping auf der Straße.
Am nächsten Morgen dürfen wir einfahren und eine lange Woche kann ihren Lauf nehmen. Erst mal Wohnwagen und Vorzelt zurecht machen, zwischendurch mal die Hunde bewegen. Am Nachmittag fangen wir mit dem Zeltbau an, ein Party -oder besser gesagt- Festzelt sollte es werden. Eine Handvoll Aussteller, alle gut miteinander befreundet, haben sich das ausgedacht, jeder hat seinen Teil beigetragen. Ich stellte Gas- und Heizstrahler zur Verfügung, andere sorgten für Beleuchtung oder Teppichbelag usw. Ein Festzelt sollte es werden, daß es vielleicht doch kein so richtiges war, lag gewiss nicht an unserer kleinen „Infrastruktur“, dazu später mehr.
Dienstag stand Hallenbesichtigung und Boxenaufbau an, am nächsten Tag war ja die German Winner Show. Die Leipziger Messe ist riesig, dagegen wirkt die Dortmunder Messe wie eine Markthalle. Sämtliche Messehallen sind mit Brücken verbunden, auf denen ich mich besonders sicher fühlte, war doch mein Freund Prof. Peter Schweizer von der Schweizer Ingenieure GmbH für die Statik zuständig. Ein bißchen, muß ich auch zugeben, hab ich mit meinem saarländischen Freund auch angegeben, insbesondere als ich das Vergnügen hatte, die Messeleiterin persönlich kennen zu lernen (Festabend).
Mittwoch, German Winner Show, leider sind nur zehn Hunde gemeldet. Richter Heiko Wagner richtet gekonnt auf seine unnachahmliche, humoristische Art unsere Rasse, begründet jedem Aussteller die Platzierung seines Hundes sachlich fundiert, somit weiß jeder, was er ungefähr an der Leine hat. Da Vinci hat ihm am besten gefallen, er macht BOB. Ich bin natürlich glücklich, ist er doch im Goldenen-Tulpen-Stall der neue „Frontmann“. Aber ich will mir nicht zu viel darauf einbilden, waren doch heute insgesamt nur zehn Hunde am Start, davon einige von durchwachsener Qualität und andere hatten wohl nicht ihren besten Tag. Am Sonntag wußte ich genau, daß ganz andere Kaliber, sei es als Vier- oder Zweibeiner, antreten werden.
Am Nachmittag genieße ich den Ehrenring. Einmal mit einem meiner Hunde in so eine grosse, prachtvoll geschmückte Arena einlaufen zu dürfen, davon hab ich immer geträumt. Donnerstag ist mein „freier Tag“, das heißt für mich, bummeln gehen in die Stadt. Ich habe es mir schon vor längerer Zeit angewöhnt, je nach Veranstaltungsort, Stadt oder Umfeld zu erkunden; immer nur Messehallen und wieder nach Hause fahren hatte ich satt. Die Leipziger Innenstadt hat einiges zu bieten. Oft sitze ich auch nur in Cafés oder Weinbars und „schaue den Leuten auf Maul“. In Leipzig war ich schon oft, diesmal fiel besonders die Vielzahl von Vierbeinern, insbesondere auch exotische Rassen in Begleitung ihrer ebenso exotischen Herrchen und Frauchen auf.
Überall wurde russisch, spanisch und weiß Gott alles gesprochen. Das zeigt, wie eine Stadt samt Umfeld von so einer Veranstaltung profitiert. Hotels, Gastronomen sowie Einzelhandel werden dies positiv zu spüren bekommen haben. Freitag war für mich ein besonderer Tag, ich war als Sonderleiter bei den Peruanischen Nackthunden eingesetzt, und das auf einer Weltausstellung. Ich muss zugeben, ich war aufgeregt !Doris Renz hat mich einen Tag vorher am Ipad trainiert und eingehend unterrichtet, nach ein paar Probedurchläufen hat sie mich dann für ringtauglich erklärt. Morgens bekam ich dann meine Akkreditierung umgehängt, mit der ich mich dann stolz im Ring zeigte. Mit Gabriele Ulwig hatte ich eine geübte Schreibkraft am Tisch, die von mir die Bewertungen über Ipad direkt übermittelt bekam, wir kamen wunderbar miteinander zurecht, wie sich herausstellte. Als ich mich unserem italienischen Richter als Antonio und er sich mir als Salvatore vorstellte war klar, wir würden das ganze heute weltausstellungsgerecht zu Ende bringen.
Für mich war dieser Tag sehr lehrreich, stehe ich doch meist als Aussteller immer auf der anderen Seite, stand ich heute die ganze Zeit neben dem Richter und bekam alles direkt live mit. Anspannung wie Freude oder auch Unverständnis, alles, dem Ereignis geschuldet, durch den Verstärker gejagt. Samstag, der große Tag rückt näher, meine drei Models werden entsprechend gepflegt und bewegt, ich muss sie immer die ganze Woche im Auge behalten, Fell, Gewicht, Augen, Muskulatur, Bewegungsablauf, am Sonntag werden bei der Konkurrenz Kleinigkeiten entscheiden. Ich baue schon mal die Boxen auf, denn am Sonntag sind die Mastinos vor uns dran und meine Landsleute sind für etwas Durcheinander am Ringrand bekannt.
Festabend Weltausstellung: Smoking ist angesagt, die zwei uns zustehenden Karten hat Andrea, vom Welpenfieber befallen, vergessen abzurufen. Jetzt haben wir mal so eine Veranstaltung in Deutschland und ich kann nicht dabei sein ! Aber eine gute Freundin besorgt mir doch noch eine Karte und es kann per Taxi los gehen. Unerwartet will noch einer schnell mit, also mit fünf Personen ins Taxi, unser türkischer Fahrer ist anderes gewohnt, er sieht es locker, beim Trinkgeld sahen wir es genauso. Um 3.00 Uhr war ich wieder im Wohnwagen und um 6.00 Uhr klingelt der Wecker und es kann los gehen.
Den Sonntag will ich gesondert in Kurzform erzählen, sonst würde es zu lange werden. Kurz gesagt, die Goldenen Tulpen haben ihren Weltsieger ! Mein „Frontjunge“ Da Vinci hat sich gegen acht Mitbewerber durchgesetzt. Wahnsinn ! Abends gibt’s im Wohnwagen für ihn eine extra Portion. Montag endlich Heimfahrt. Ich stehe gegen 7.00 Uhr auf, es ist doch einiges abzubauen und der Wohnwagen wieder reisefertig zu machen. Auch das Festzelt muß samt Inventar ausgeräumt und zerlegt werden.
Zum Schluss war es eher nur noch ein Frühstückszelt, einige von uns hatten ihre Ziele eh nicht erreicht und einfach nur so mit anderen feiern und gut drauf sein, ist in dieser Zeit oder diesem Land in dem wir leben, leider nicht möglich. Und so kam es, daß nur zwei Personen, seltsamerweise auch noch zwei glückliche Weltsieger, den ganzen Kram alleine abbauten. Um 11.00 Uhr waren wir fertig und auf in Richtung Saarland. Ankunft und Empfang war gegen 19.00 Uhr mit anschließender „Meisterfeier“.
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